Neues Kapitel der Muster-Familie Brambilla
Was bisher geschah:
Frau Maria Brambilla hat von ihrer Mutter ein Haus geerbt.
Noch bewohnt sie mit ihrem Ehemann Josef und ihren Kindern Adam und Eva eine Eigentumswohnung. Frau Brambilla ist davon ausgegagangen, das sie mit Annahme des Erbes automatisch Eigentümerin der Immobilie wurde. Als sie die bestehende Gebäudeversicherung ändern möchte, erfährt sie den Unterschied zwischen tatsächlicher- und rechtlicher Herrschaft.
Kapitel 2
Frau Brambilla und der Grundbuchauszug
Bei der ersten genaueren Begehung stellt die Familie fest, dass das geerbte Haus sehr renovierungsbedürftig ist und es außerdem eine Menge zum Entrümpeln gibt. „Dio mio“ denkt Frau Brambilla, hätte Sie doch bloß mal öfter ihre Mutter dazu gebracht, sich vorzeitig von Dingen zu trennen und kleine Reparaturen ausführen zu lassen. Das ältere Menschen gern Sachen horten, da sie sich nicht trennen können, ist aufgrund ihrer Kriegserlebnisse vollkommen verständlich. Doch mal eine Tapete auszuwechseln oder Fussböden zu erneuern war ja schon immer ein Thema zwischen Mutter und Tochter. Der ständige Einwand ihrer Mutter „es ist doch alles gut und schön“ war Sprengstoff in der Konversation.
Maria und Josef stellen den angedachten Verkauf Ihrer Eigentumswohnung erst einmal hinten an, da sie nicht absehen können wie lange sie benötigen das Haus für sich bewohnbar zu machen. Der Umzugstermin wird am Tag der Befana (6.Januar bringt die Befana den Kindern Geschenke) stattfinden, frotzelt Maria.
Während sie die ersten Aufräumarbeiten im Haus verrichten, streikt zu allem Übel auch noch die Heizung. Der zur Hilfe gerufene Gas – Wasserinstallateur, stellt nachdem er die gesamte Heizung auseinander genommen hat fest, dass die Heizung zu alt ist um die benötigten Ersatzteile zu erstehen. Maria ist ausser sich. Zunächst warten wir eine halbe Ewigkeit das der Handwerker sich herbequemt und dann nach stundenlangem rumfummeln stellt er fest, das die Heizung alt ist. Josef lenkt ein und beruhigt seine Frau. Der Einbau einer neuen Heizung wird ihnen angeraten. Der Installateur fügt an, dass dabei direkt die Stromleitungen erneuert werden könnten. „Das auch noch“, erwiedert Maria, “ am Besten wir reißen die Bude gleich ganz ab“. Josef erbittet Kostenvoranschläge und ein Zeitfenster zur weiteren Planung.
Mit Eingang der Kostenvoranschläge wird der Familie ziemlich schnell klar, dass die anfallenden Kosten ihre Ersparnisse überschreiten. Da der Verkauf der Eigentumswohnung noch gar nicht begonnen hat und der Verkaufspreis daher noch nicht zu erwarten ist, machen sich die Brambillas auf den Weg zu ihrer Hausbank. In einem Gespräch mit ihrem dortigen Ansprechpartner Herr Rechenkünstler, wird ihnen ein sehr günstiger Kredit angeboten. Allerdings möchte der Rechenkünstler eine Sicherheit in Form einer eingetragenen Grundschuld im Grundbuch der betreffenden Immobilie. Zustimmung zur Finanzierung gibt es leider erst , wenn das Grundbuch eingesehen wurde, wird Frau Brambilla mitgeteilt. Es ist vorab zu prüfen, ob die Immobilie den Kredit zulässt. Sind weitere Einträge vermerkt? Andere Kredite oder sonstige Belastungen? Frau Brambilla kann dieses „Drumherum“ nicht nachvollziehen. Ihre Mutter war Jahre lang Kundin der Bank und ihre Schuldenfreiheit müsse doch bekannt sein. Der Rechenkünstler verweist erneut auf die nötige Einsicht des Grundbuchauszugs und dessen Prüfung. Bei positiver Entscheidung erhält Frau Brambilla eine Grundschuldbestellungsurkunde von der Bank und muss diese beim Notar beurkunden. Daraufhin kann die Grundschuld im Grundbuch eingetragen und der Kredit ausbezahlt werden. Voraussetzung ist allerdings, dass die Immobilie ausreichend versichert ist. Die Ausfertigung der Unterlage durch die Bank, nach Prüfung des Grundbuchs bringt eine Bearbeitungszeit von 14 Tagen mit sich. Maria kann das nicht glauben. So kompliziert und umständlich ein paar Euro von der Bank zu bekommen und dann noch dieses Mißtrauen vom Rechenkünstler. Er kannte doch meine Mutter und ihre finanziellen Verhältnisse, warum muß er das nochmal genau prüfen?
Wieder Zuhause durchsucht das Ehepaar die Unterlagen der Verstorbenen und findet den Grundbuchauszug. Nach kurzer Betrachtung wird klar, dass beide nicht genau verstehen was in ihm steht. Herr Brambilla schlägt vor den Auszug umgehend an die Bank weiterzuleiten, um so den Prozess zu beschleunigen. Seine Frau stimmt zu und fügt an wie gut es sei, dass die Immobilie noch versichert ist. Bei der Bank ist der Rechenkünstler gerade außer Haus. Sie händigen den Grundbuchauszug einer Mitarbeiterin aus, die diesen weitergibt. Nach einer Wartezeit von zwei Tagen erhält Frau Brambilla einen Anruf vom Rechenkünstler mit der Bitte um einen aktuellen Grundbuchauszug. Bei einer Prüfung durch die Bank darf der eingereichte Grundbuchauszug nie älter als drei Monate sein um sicher zu stellen, dass in der Zwischenzeit nicht weitere Belastungen hinzugekommen sind. Einen aktuellen Auszug würde sie im Grundbuchamt bekommen.
Wo genau denn dieses Grundbuchamt zu finden ist, stellte sich heraus als Herr Brambilla im Rathaus vorstellig wird. Er muß zum Amtsgericht. Da die Öffnungszeiten sich in einer kleinen Zeitspanne bewegen, ist es ihm aus berufstechnischen Gründen erst in der folgenden Woche möglich dort den Auszug abzuholen. Die Anforderung eines Grundbuchauszuges wäre auch per eMail möglich, dies traut er sich aber nicht zu.
Nach einem sorgenerfüllten und stressgeplagten Wochenende macht sich Herr Brambilla auf den Weg ins Amt. Als er nach der amtstypischen Wartezeit endlich vor dem Rechtspfleger Herrn Formalis steht, fragt ihn dieser nach der Blattnummer. Herr Brambilla schaut nur verdutzt. Dann bittet Formalis um die Daten, um über diesen Weg eine Zuordnung vornehmen zu können. Außerdem erkundigt er sich, ob Herr Brambilla Eigentümer ist. Als dies verneint werden musste, erklärt Formalis, dass nur der Eigentümer oder Jemand mit berechtigtem Interesse das Grundbuch einsehen darf. Herr Brambilla erklärt, dass seine Frau durch Erbannahme Eigentümerin ist und wird daraufhin gebeten, mit einer Vollmacht seiner Frau wiederzukommen. Die Bevollmächtigung durch seine Frau gewährt ihm Blick ins Grundbuch. Mit der Bevollmächtigung in der Tasche steht Herr Brambilla tags drauf wieder vor Formalis. Nach einer Einsicht stellt dieser fest, dass Frau Brambilla nicht die Eigentümerin der Immobilie ist. Herr Brambilla ringt um Luft und mit seiner Zurückhaltung. Etwas ausser Fassung bemerkt er, seine Frau hat die Immobilie geerbt und ist Eigentümerin, daran kann auch ein Rechtspfleger nichts ändern. Ob ihm dies gefällt oder nicht. Daraufhin erhält er eine Einführung in die deutsche Rechtssprechung. Eigentümer ist immer der, der im Grundbuch eingetragen ist. Mit dem Ableben der Mutter, muss Frau Brambilla nun mit dem Erbschein auf dem Amt erscheinen, sodass eine Umschreibung erfolgen kann. Wie auch immer, so ein Erbschein besitzt Frau Brambilla nicht. Formalis gibt die Auskunft, dass dieser beantragt werden muss. Die Beantragung erfolgt im Amtsgericht. Unterlagen wie der eigene Personalausweis, die Sterbeurkunde der Mutter, eine eidesstaatliche Versicherung, dass keine Prozesse über das Erbrecht anhängig sind und eine eidesstaatliche Erklärung, dass die Angaben im Antrag richtig sind. Gibt es ein Testament oder einen Erbvertrag dann sämtliche Testamente und Erbverträge des Erblassers (auch: Entwürfe, korrigierte Fassungen, Ungültige, etc.) und eine eidesstattliche Versicherung, dass keine weiteren Verfügungen von Todes wegen bekannt sind. Wenn die gesetzliche Erbfolge zum Zuge kommt, da kein Testament / Erbvertrag vorliegt, werden stattdessen folgende Unterlagen bzw. Angaben benötigt: Familienstammbuch und / oder Geburtsurkunden, Heiratsurkunden, Sterbeurkunden Verstorbener, Scheidungsurkunden, etc. Ferner eine eidesstattliche Versicherung, dass keine Verfügungen von Todes wegen bekannt sind und eventuell eine eidesstattliche Versicherung über den Güterstand, in welchem der Erblasser verheiratet war. Herrn Brambilla platzt der Kopf und er traut sich gar nicht nach Hause. Er kennt sich mit diesen Dingen überhaupt nicht aus und erwartet schon einen hysterischen Anfall von seiner Maria.
Zu Hause angekommen muss er seiner Frau berichten: Eigentümer – Grundbuch – Erbschein – Testament – Sterbeurkunde – Scheidungsurkunde – Heiratsurkunde – eidesstattliche Erklärung hierfür und dafür und was war da noch?
Wie Frau Brambilla diesen Knoten löst, erfahren Sie in der Fortsetzung
Bildnachweis:
Fotolia_71995594_S_portrait of middle age spouses © evarin20
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